Die Königsbrunner Kellergasse
Fährt man auf der Niederösterreichischen Landesstraße 14, die in ihrem Verlauf ständig ihren Namen wechselt und bald Wagramstraße, bald Wiener Straße, Kremser Straße oder Alte Weinstraße heißt und schon facettenreich schillert wie der Wagramer Wein, durch Königsbrunn am Wagram, kommt man etwa in der Ortsmitte an eine Kreuzung, an der man Richtung Süden auf die S5 weiterfahren kann.
Man kann aber – und das empfiehlt sich – nach Norden, in Richtung Ruppersthal (das als Geburtsort des Komponisten und Klavierfabrikanten Ignaz Franz Pleyel und Sitz des Pleyel-Museums für kulturgeschichtlich Interessierte auch als Alibi herhalten kann) abzweigen, und dann ist man in der Königsbrunner Kellergasse, oder besser gesagt in deren Hauptteil, der sich „Am Bromberg“ nennt.
Mählich steigt sie als Hohlweg den Wagram hinan, vorbei an großen Preßhäusern und einem kleinen Fischteich, der von Nußbäumen beschattet und der im Jahre 1999 renovierten Lourdes-Kapelle beschützt wird. Hier ist gut Verweilen für Katholiken und Kinder, Asketen und Antialkoholiker. Diese Kapelle ist eine Station des Jakobsweges, Pilger können hier mit Wasser aus einem Wasserkeller ihren Durst stillen, und gleich hinter der Kapelle hat die Gemeinde ihren jüngsten Bewohnern einen Spielplatz beschert.
Für Antiabstinenzler hat die Kellergasse aber natürlich am meisten zu bieten. Von den etwa 60 vielgestaltigen Kellern, Preßhäusern und Vorkappeln sind die meisten noch gut erhalten oder mehr oder weniger geschmackvoll renoviert. Aber selbst die wenigen verfallenen Keller fügen sich harmonisch in das Ensemble ein, als nicht zu aufdringliches, aber stetiges Memento mori auf einem vielleicht weinseligen Rundgang.
Am letzten Wochenende in den Sommerferien ist allerdings Vorsicht angebracht, denn da gehen mehr Leute in der Kellergasse, als Leute in die Kellergasse gehen. An diesen Tagen findet seit 1997 das mittlerweile legendäre Königsbrunner Kellergassenfest statt, an dem fast jeder Keller etwas zu bieten hat. Im daran anschließenden Weinherbst, der bis zur Weintaufe Mitte November dauert, hat dann jede Woche zumindest ein Winzer ausgesteckt.
Ein weiterer Fixpunkt im Jahreslauf der Kellergasse ist der „Advent im G’wölb“ am letzten Adventsonntag, ein vorweihnachtliches Konzert des Königsbrunner Kammerchores, das seit vielen Jahren im Keller der Familie Mann stattfindet, der sich mit dem mehr oder weniger sympathischen Motto „Arbeit ist des Menschen Los“ präsentiert.
Die Kellergasse endet, wie so vieles, am Friedhof. Ein weiteres Memento mori, oder auch eine Aufforderung zur Umkehr – vielleicht ist ja auch eine abermalige Einkehr damit verbunden.