Autorenarchiv

Montag, 16.03.2020 – Tag 1 d. C. (der Coronamaßnahmen)

Montag, 16. März 2020 10:41

Die Heurigen sind geschlossen. Wir werden aber nicht verhungern und nicht verdursten, auch wenn manche Leute so tun und mit bis obenhin gefüllten Einkaufswägen Schlange stehen, obwohl sie ohnehin Fett für ungefähr sieben Monate Fasten unter der Bauchhaut horten. Aber vielleicht gerade deshalb: unter einer Tageszufuhr von 12.000 kcal sind sie möglicherweise nicht so richtig fit.

Wie gesagt: wir werden nicht verhungern und nicht verdursten. Aber die Heurigen sind geschlossen. Irgendwie fühle ich mich an eine jiddische Erzählung über den Weltuntergang erinnert: Da wacht einer auf, die Welt ist untergegangen, und es schießt ihm ein: „Aber wo bekomme ich jetzt mein Bier her?“ Ich weiß nicht mehr, von wem die Geschichte ist und wie sie heißt, war es Mendele Moicher Sforim oder Fischl Schnerson, aber ich werde diese Details bei Gelegenheit nachreichen. Jetzt muss ich mich drum kümmern, wo ich meinen Wein herkrieg…

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Des Winters Untrost

Freitag, 13. Dezember 2019 19:25

Es sterben von des Sommers Bäumen
Die Blätter ab, die falben.
Du wälzest Dich in schweren Träumen
Und Untrost – allenthalben.

Vergangenheit ist alle Wärme,
Die Kälte kriecht in Deine Venen.
Du spürst die Würmer im Gedärme,
Erstarrt — in hoffnungslosem Sehnen.

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Abschied

Sonntag, 27. Oktober 2019 7:54

Hoch noch der Mais, doch fahl bald das Gras.
Erkahlend der Acker am Rande der Zeit.
Und sorglos sich paarend die Eintagsfliegen,
Leichtflügelig taumelnd ins Ende des Seins.
Verspätet sind wieder die Admiräle,
Umflügelnd die Blüten und träumend vom Süden,
Da hierorts herbstlich die Stürme bald wüten.
Und allzu strahlende Gedanken
Umwuchern unruhig die dunkelnde Zukunft.

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Es ist eine alte Geschichte

Samstag, 30. Mai 2015 20:00

“Ich lieb’ dich!” hast du nie gesagt,
Du labtest mich mit Küssen.
“Liebst du mich?” hab’ ich nie gefragt.
Ich glaubte es zu wissen.

Und was in deinen Augen stand,
Hab’ glücklich ich gelesen.
Was ich in deinen Augen fand:
Druckfehler sind’s gewesen.

Du schriebst in deinem ersten Brief:
“Dich werd’ ich immer lieben.”
Das band dich nicht, du hast den Brief
Ja auch nicht unterschrieben.

Nach ein paar Wochen hast du dich
An andre ‚rangeschmissen.
Du unterhieltst dich königlich,
Ich fühlte mich beschissen.

„Es ist nur Spaß, es ist nur Spiel!“
Hast du dich stets entschuldigt
Mir wurde es dann bald zuviel,
Ich hab‘ dem Wein gehuldigt.

Schlußendlich hast du dich liiert
Mit einem reichen Linzer.
Ich hab mich umorientiert
Und steh‘ jetzt mehr auf Winzer.

 

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Eisen, schenk! oder: Günstige Zeit, Versprechen einzulösen

Mittwoch, 21. Januar 2015 22:25

Eisen, schenk! Eisen, schenk!
Deines Worts sei eingedenk,
’s heißt sonst gleich, Du hättst’s gebrochen.
Schenke doch, was du versprochen!
Weißt Du noch die Jammerei
Deiner VS Nummer zwei?
„Wofür braucht’s a Bücherei?
Ebooks sind der letzte Schrei!“
„Fein, und lesen tun wir die
Mit schwarzer Parteimagie?“
Versprechen hält man nun einmal
Am besten erst nach einer Wahl,
Wenn man sie dann noch halten kann –
Denn vorher sind die Wähler dran.

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