Beitrags-Archiv für die Kategory 'Gesellschaft'

Che-Guevara-Büste in Wien

Mittwoch, 1. Oktober 2008 20:12

Der Wiener Bürgermeister wird also am 9.10.2008 eine Statue von Ernesto „Che“ Guevara enthüllen. Karl Blecha, Vorsitzender eines eigens zu diesem Behufe gegründeten Personenkommitees: „Che Guevara verkörpert wie kaum ein anderer die existenzielle Verdichtung einer Epoche“. Was meint er damit?

Meint er die Blutrünstigkeit, die Brutalität, die Machtgier der „Epoche“ ? Wenn er das meint, sind das wirklich typische Kennzeichen der „Epoche“, oder sind diese nicht genauso gut in jeder beliebigen anderen Epoche zu finden? Wahrscheinlich meint er das aber nicht, denn sich hinter Insignien der Tyrannis zu stellen, ist in der diesbezüglich (leider noch viel zu wenig) sensibilisierten Gesellschaft nicht ratsam, schon gar nicht, wenn man mit der roten Nelke des Sozialdemokraten auftritt.

Was aber meint er dann? Guevara als Revolutionär, Befreier, Sozialist, Demokrat, Sozialdemokrat, Menschenfreund? Vom einstigen Rat des verewigten SPÖ-Vorsitzenden Bruno Kreisky „Lernen Sie Geschichte!“ (ganz gleich, in welchem Zusammenhang dieser Rat gegeben wurde, aber das ist prinzipiell ein guter, ein wertvoller Rat, der nicht einmal teuer ist) scheint man dann nicht viel zu halten; trotz Quellen, die dank Internet verfüg- und greifbarer sind denn je (z. B. dieser Artikel von Alvaro Vargas Llosa), verzichtet man sicherheitshalber auf eine Recherche – diese könnte ja ein Idealbild zerstören, das man vielleicht pflegt, seit man bei den Wölflingen sein erstes rotes Halstuch getragen hat.

Wenn man sich als Sozialdemokrat so in die Nähe von Guevara stellt, dann sollte man sich besser über das Bild von Dollfuß im Parlamentsclub der ÖVP auch nicht exaltieren. Denn in nuce ist beides letztlich, wenn nicht grade schlichtweg ein Kniefall vor dem Prinzip der Diktatur und Gewalt, so doch zumindest eine Konzession an dieses. Und schon eine solche Konzession ist bestenfalls bedenklich.

(Quelle: ORF)

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Strafverschärfung

Samstag, 20. September 2008 10:43

Hundertzwanzig Insassen der Strafvollzugsanstalt Stein „verdienten sich“ laut einem Bericht der „Presse (Benefiz-Konzert: Rainhard Fendrich hinter Gittern) durch gute Führung dieses Konzert von Rainhard Fendrich. Falls sie keine Möglichkeit hatten, dem Konzert fernzubleiben, würde ich das glatt als Strafverschärfung bezeichnen.

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Neubau der Tullner Donaubrücke

Dienstag, 22. Juli 2008 17:46

Man will das Projekt ja nicht geradezu verheimlichen, aber so richtig publik gemacht wurde es auch nicht. Angesichts der Tatsache, daß weiß der Teufel wie viele Menschen täglich diese Brücke benützen und sich rechtzeitig eine Alternative überlegen müssen und laut dieser Ausschreibungsinfo der Baubeginn bereits für 3. Quartal 2008 (und dieses hat bereits vor drei Wochen begonnen!) geplant war, wäre doch wohl eine gezieltere Information angebracht gewesen. Ich mußte es en passant auf einem Feuerwehrfest erfahren und hätte mir, der ich wöchentlich zehnmal diese Brücke in der Eisenbahn überquere, doch erwartet, daß die ÖBB Flugzettel auflegt – das macht sie ja sonst auch wegen nichtigerer Anlässe. Nur ganz verschämt ist von Sanierung und Ertüchtigung die Rede, aber keine Details. Auf der Heimseite von Tulln findet man dazu auch noch eine Information (Erneuerung Eisenbahnbrücken), die von einer „mindestens sechsmonatigen Sperre der Eisenbahnstrecke und einer viermonatigen Sperre der Straßenbrücke seitens der ÖBB“ im Jahre 2009 spricht.

Ich weiß nicht, ob ich der einzige bin, der davon nichts mitbekommen hat, aber bei einer entsprechenden Information hätte nicht einmal ich das verschlafen. Man macht ja sonst auch wegen jeden Schases einen Wind.

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Navigation per Handy

Mittwoch, 16. Juli 2008 21:36

Im Zug. Stille. Dann steigt eine Frau mittleren Alters ein, eine typische ältere Tochter, gefährlich, weil sie bereits unüberhörbar mit ihrem Taschentelefon telefoniert. Mein Ruh‘ ist hin.

„Wo bist Du denn jetzt?“

……

„..Das Haus mit der grünen Fassade? Der Stierschneider? Das ist ja nicht grün, das ist türkis. Geh jetzt am Haus vorbei und rechts in das kleine Gässchen, Rosinenweg, dann kommt ein kleines Brückerl ….“

……

„Wo bist Du denn jetzt? …“

……

„Das Haus mit der grünen Fassade? Der Stierschneider? Die Fassade ist türkis, nicht grün. Geh jetzt am Haus vorbei und dann rechts in die Rosinengasse, oder Rosinenweg, so irgendwie heißt der…Du hast Deine Brille nicht dabei…und auch keine Leiter?“

…..

„Da steht ‚Stierschneider‘ drauf…Nein, der heißt nur so, das ist kein Fleischhacker, das ist ein vegetarisches Restaurant….Was steht da drauf?…“

…..

„Also das Haus mit der grünen Fassade…nein, mit der türkisen Fassade, Du gehst vorbei…“

……

„…nein, keine türkische Fassade, eine TÜR-KI-SSSSE Fassade …. ja, Stierschneider, ….“

Ich richte mich etwas auf. Ich bebe. Ich weiß, alle werden mich anstarren, aber ich kann nicht anders:

„Vielleicht ist sie in der falschen STADT!“

Die Telefoniererin grinst mich kurz an, findet offenbar witzig, wodurch ich einen permanenten akustischen Affront zu beendigen glaubte. Sie grinst und telefoniert weiter.

Es ist nicht die falsche Stadt. Es ist der falsche Himmelskörper. Schießt sie auf den Mond, beide!

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Im Wartezimmer

Mittwoch, 18. Juni 2008 20:22

Ich dachte immer, im Wartezimmer eines Arztes sei Ruhe angebracht, aus Rücksicht auf die mehr oder weniger großen Leiden der Anwesenden. Das ist und war mir so selbstverständlich wie die Stille in einer Kirche, und ich habe das auch nie anders gekannt – bis ich heute in die Praxis der Vertretung meiner Hausärztin kam. Der Lärmpegel kam durchaus jenem eines Heurigen bei Hochbetrieb gleich, wenn er ihn nicht gar übertraf, und war vorwiegend verursacht durch mehr oder weniger sinnloses, aber meist gut verständliches Geschwätz, was die Sache noch unerträglicher machte.

„Da Schdeina is heid gschtuam!“

„Wooos? Naaa!“

„Des gibts jo ned, den hob i do gesdan nu xeng!“

Letzteres ist wohl die dämlichste Replik auf eine Todesnachricht, die mir je untergekommen ist (und sie hört nicht auf, mir unterzukommen), denn sie setzt offenbar voraus, daß jeder seinen Tod so mindestens zwei, drei Wochen vorher ankündigen muß – Todesanzeige im vorhinein: „Achtung, Achtung! Steiner Peppi gibt sich die Ehre bekanntzugeben, daß er in drei Wochen, das ist der 27. des Monats, aus diesem Leben abtreten wird. Es wird dies ein plötzlicher Tod nach kurzer, schwerer Krankheit werden. Begräbnis wird sein den 31., 14.00 Uhr, Leichenschmaus beim Koarl-Wirt. Ich freue mich auf Euer Kommen, meine Erben auf mein Gehen!“. Eine derartige Anzeige unterlassen, sich am Vortag seines Todes noch auf der Straße zeigen und dann aus heiterem Himmel einfach krepieren, das gilt nicht!

„Geh hearauf! Wos’d ned soxt!“

„Dawäu hoda nix graucht und nix drunga! Minn Rahl isa nu oiwei untawex gwesn!“

Tatsächlich? Auch Nichtraucher und Abstinenzler haben ein Ablaufdatum und sind keine Jünger des ewigen Lebens? Wie überraschend!

„Wia oid woara denn?“

„Zwaradochzg!“

„A so a junga Bua nu!“

Gott sei Dank wurde ich von der Ärztin aufgerufen, und der weitere Verlauf des Gesprächs blieb mir erspart.

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