Neubau der Tullner Donaubrücke und die Folgen – Teil 1
Mittwoch, 25. März 2009 22:22
Ich war immer ein begeisteter Bahnfahrer. Derzeit wird einem aber die Liebe zur Eisenbahn sehr schwer gemacht. Genauer gesagt: die Liebe zur ÖBB, denn was sich in mir an Ärger aufbaut, hat seine Ursachen nicht im Verkehrsmittel Eisenbahn an sich; es ist vielmehr die Einsicht, daß offenbar die Verantwortlichen in schwierigen Zeiten versagen.
Aber was rede ich da von „schwierigen Zeiten“: daß da schon länger eine offenbar geballte Ladung an Ignoranz oder Gleichgültigkeit gegenüber den Bedürfnissen der Bahnkunden, insbesondere der Pendler, am Werk ist, wurde mir bereits vor zwei, drei Jahren eklatant bewußt. Es gab etwa fünf, sechs angnehmere Jahre nach Fertigstellung der Elektrifizierung der gesamten Franz-Josefs-Bahn-Strecke (das muß etwa 1999 gewesen sein), in denen die schnellsten Züge von Wien nach Gmünd (ich bin ein gebürtiger Gmünder, habe dort mein Elternhaus und Freunde und habe daher diese Züge oft benützt) in weniger als zwei Stunden fuhren. Plötzlich, etwa 2006, wurde die Anzahl der Züge auf dieser Strecke reduziert, im Gegenzug (das ist jetzt nicht der, auf den so viele Aufenthalte inmitten grüner Wiesen zurückzuführen sind) aber die Fahrzeit auf ca. 2 Stunden 20 Minuten erhöht. Das ergibt eine Differenz von ungefähr 20 Minuten. Angesichts der Tatsache, daß die Elektrifizierung nicht zuletzt mit der kürzeren Fahrzeit begründet wurde, ist das der blanke Hohn.
Es hat sich also für mich schon abgezeichnet: da sitzen ein paar Knalltüten in der ÖBB-Dion oder noch höher oben. Daß besagte Knalltüten in besagten schwierigen Zeiten jämmerlich versagen, war eigentlich zu erwarten. Ich rede jetzt nicht von der Wirtschaftskrise, das macht die Sache sicher nicht leichter und war auch nicht abzusehen. Aber die Sanierung der Tullner Donaubrücke war abzusehen, das mußte ja langfristig geplant werden. Wie da geplant wurde, offenbart sich jetzt: Anschlüßzüge, die nicht warten, weil wir ja eh schon so spät dran sind (24.3.09, R2203). Nachdem man dann wieder in die Garnitur einsteigt, aus der man grade ausgestiegen ist, weil diese eh in 10 Minuten nach Wiener Neustadt weiterfährt, hört man plötzlich in Floridsdorf, daß dieser Zug auch nicht weiterfährt. Verspätungen von 20 Minuten, die erst angekündigt werden, wenn der Zug schon 5 Minuten überfällig ist, sind auch sehr lustig. Besonders deshalb, weil man ja nicht weiß, ob der Zug überhaupt kommt, ist ja nicht ausgeschlossen.
Man sollte sich Sammelklagen überlegen. Daß Menschen, die Zeitkarten gekauft haben, aufgrund der Umstände noch früher als üblich ihre Reise antreten, aber infolge des Chaos trotzdem nicht rechtzeitig in die Arbeit kommen, nur Fluchen übrigbleibt, ist nicht einzusehen. Zumindest sollte man sich jetzt auf dieser Strecke besonders lang Zeit lassen, um bei der Kontrolle die Zeitkarte zu finden. Oder man sollte nur eine Hälfte herzeigen, weil man ja auch nur den halben – oder weniger als den halben – Service bekommt. Allerdings ist es auffällig, daß sich seit Montag auch die Schaffner rar machen. Ich habe diese Woche noch keinen durch die Wagen gehen sehen, sie schleichen nur herum, oder verstecken sich in ihren Dienstabteilen. Verständlich, denn die können am wenigsten dafür und hören wahrscheinlich immer nur: „Was seid’s denn ihr für Trottel etc. etc.“. Aber die Trottel sitzen viel weiter oben. Man kennt sie ja leider nicht. Zum Glück für sie. Aber das kann sich ändern.
Thema: Literatur | Kommentare deaktiviert für Neubau der Tullner Donaubrücke und die Folgen – Teil 1 | Autor: Joachim Rogginer