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Josef Helmut Ettl

Freitag, 29. Februar 2008 23:37

Josef Helmut Ettl, Regens Chori des Königsbrunner Kammerchores

Magier der Musik – Josef Helmut Ettl in memoriam

Ich wünsche, ich hätte ihn früher getroffen. Aber was ist das für ein Unsinn: ich wünsche eigentlich, er hätte länger gelebt. Wesentlich länger. Es war mir nur wenig mehr als ein Jahr vergönnt, unter seiner Leitung im Königsbrunner Kammerchor zu singen, den er aufgebaut, zu Höchstleistungen geführt und über dreißig Jahre lang gleichsam um Gottes Lohn geleitet hat.

Nicht daß ich der Musik jemals ferne stand, aber er brachte sie mir noch näher, öffnete mir die Augen dafür, daß ich ihr noch lange nicht nahe genug stand.

Das durch seine eigene Mitgerissenheit Mitreißende in seinen Chorproben, sein – bisweilen verzweifelter – Eifer, mit denen er oft plausibel machte, warum eine musikalische Phrase genau so zu singen war und nicht anders, nicht so, wie wir sie gerade sangen, seine funkelnden, fast glühenden Augen, mit denen er uns beschwor, doch mit Freuden, aus dem Herzen zu singen, wobei seine Stimme fast schon in ein ein Geheimnis offenbarendes Flüstern überging – das alles wird mir unvergeßlich bleiben, das alles werde ich immer im Ohr, vor Augen haben, in meinen Erinnerungen bewahren, das alles macht auch erklärlich, wie dieser Chor das Niveau erreichen konnte, das er nun hat – kurzum die ganze Seele, die er in diese Arbeit, in die Musik überhaupt hineinlegte. Die Seele, und der Leib, den er gemäß seiner oft gepredigten, von uns müden Choristen aber oft nicht gehörig beherzten Devise „Singen ist Schwerarbeit!“ mit vollem Gewicht in den Kampf gegen verwischte Terzen, krächzende Höhen und sonstige musikalische Schlampereien warf. Leib und Seele – das war sein Geheimnis, das Geheimnis jedes Professionisten, und das war das Geheimnis des Erfolges in seinem Beruf und seiner Berufung, in das er uns einzuweihen versucht hat, das er, wie ein Magier einen Zauberspruch, in monotoner Beharrlichkeit wiederholt hat, in der Hoffnung, daß es doch endlich Früchte trage.

Es hat Früchte getragen. Das Niveau des Chores beweist es. Dieses Niveau war auch der Grund dafür, daß ich mich entschloß, ein Teil dieses Chores zu werden. Und es war auch der Grund dafür, daß mir diese Entscheidung nicht gerade leicht fiel, da ich nicht wußte, ob ich dem verlangten Können überhaupt gewachsen war. Ich bin froh, daß ich mich für den Chor entschieden habe, wenn ich auch zuweilen plötzlich orientierungslos in einen fundamentalen Baß abgeglitten bin: Helmuts „Wer brummt denn da wieder den Schusterbaß?“ hat mir dann meistens wieder den Weg zurück in die richtigen Zeilen des Notensystems gewiesen.

Ich habe viel gelernt in dieser Zeit. „Der tiefste Ton ist der höchste!“ – „Vergiß den Hund nicht!“ – „Sei eine klingende Luftsäule!“. Teils beginne ich die Bedeutung dieser Aussagen zu begreifen, teils kann ich sie schon umsetzen. Aber immer wieder höre ich sie mit seiner Stimme, als ob er vor mir stünde, und wenn ich so für mich singe, dann so, als ob seine kritischen Ohren mithörten.

Leib und Seele. Sein Leib ist nicht mehr greifbar. Seine Seele singt weiter in mir, in allen, die ihn liebten – und das müssen viele sein.

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